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Voize zu Besuch: Sprachassistenten im Gesundheitswesen

Formulare organisieren unser Leben – egal ob wir Anträge schreiben oder uns für einen Newsletter anmelden, egal ob wir unsere Zeugnisse aus alten Tagen ansehen oder eine neue Versicherung bestellen: alles muss seine Ordnung haben, jede Information hat ihr ganz spezielles kleines Feld. Noch offensichtlicher als anderswo ist die Informations- und Dokumentationsflut im Gesundheitswesen – ob im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege, jede Handlung und jeder Zustand muss in Zahlen und Buchstaben übersetzt festgehalten werden.





Diesen Zustand erkannten auch die die Brüder Fabio und Marcel Schmidberger. Als ihr eigener Großvater im Krankenhaus lag, fragten beide sich, wie es sein kann, dass Pflegekräfte so viel Zeit am Computer verbringen – und ob man dieses System nicht verbessern könnte. Die beiden Informatikstudierenden gründeten daraufhin mit Erik Ziegler voize, einen Sprachassisstent und Informationsverwaltungstool. Das heute bereits in der Altenpflege eingesetzte Produkt verarbeitet dabei Spracheingaben lokal auf einem Smartphone und erstellt über Anbindungen an bestehende Infrastruktur und Informationssysteme ausgefüllte Dokumentationseinträge. Die Formulare werden dabei

mit Informationen aus den Spracheingaben intelligent ausgefüllt und sind umgekehrt auch durch Sprachnachfragen durchsuchbar – so entsteht ein niederschwelliger Zugang zu Information, der zeitnahe und einfache Informationseingabe und -ausgabe ermöglicht. So gesehen schafft voize einen komplett neuen Zugang zur Patientenakte – und zwar spielerisch über Spracheingaben, wie wir sie sonst vielleicht von Siri oder Alexa kennen, allerdings mit dem im Gesundheitswesen entscheidenden Unterschied, dass keine Daten zur Spracherkennung in die Cloud wandern müssen.


Zu Gast: Marcel Schmidberger von voize.


Aus ärztlicher Perspektive gedacht: Wer würde es nicht feiern, in zwei oder drei Jahren mit einem Airpod im Ohr über die Station zu gehen und schon einmal die wichtigsten Visiteneinträge im Vorbeigehen zu erledigen? Oder auch kurz nochmal die aktuellen Zuckerwerte von Frau Müller in Zimmer 532 nachzufragen?

 

Tatsächlich plant voize für die kommenden Monate auch den Einstieg in die Dokumentation im Krankenhausbereich, wobei die Herausforderungen hinsichtlich verschiedener Krankenhaus-Informationssysteme (KIS)und der größeren Bandbreite an Vokabular sicherlich gewaltig sind. Dass das Team der Aufgabe gewachsen sein könnte, zeigen auch die zahlreichen Preise und die Teilnahme an BMBF geförderten bundesweiten Forschungsvorhaben. Auch dass mittlerweile andere Industrien abseits des klassischen Gesundheitsmarktes voize verwenden, zeigt das Potential der Technik und die Generalisierbarkeit des Problems. Falls eure letzte Hauptuntersuchung beim TÜV durchgeführt wurde, so gibt es eine realistische Chance, dass das Formular für die Untersuchung ebenfalls mit voize ausgefüllt wurde.


Neben einem spannenden Vortrag mit Livedemo des Tools zeigte die ausgiebige Diskussion bei unserem Event nicht nur das Interesse für die Technologie sondern auch, wie sinnvoll es ist zu solchen Themen unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen. Hier diskutierten Informatikerinnen mit Medizinstudierenden, bevor der Professor dem Entwickler dann die nächste Frage zum Datenschutz stellte.




Für uns bei beyond medicine zeigt das HPI Start-up voize, dass es sich lohnt im Gesundheitswesen mit einer klaren Vision aufzutreten: Zwischen cleverer Technologie, nutzerzentriertem Design und Forschung in eigener Sache entsteht hier etwas, das für Pfleger:innen, Ärzt:innen und Patient:innen gleichermaßen einen gewaltigen Mehrwert schaffen kann. Denn natürlich brauchen wir unsere Formulare um Qualität sicherzustellen – aber was, wenn wir mit einem vereinfachten Ausfüllen für eine zeitnahe und öfter verwendete Dokumentation sorgen? Was, wenn wir uns auf Visite nicht mit dem Visitenwagen abwechseln müssen und daran verzweifeln, dass der Computer nicht hochgefahren ist? Was, wenn wir nicht mehr quer über die Station rennen müssen, um nochmal kurz den Hämoglobin-Wert im KIS nachzusehen, sondern vielleicht einfach freundlich unser voize fragen?




 


LM


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